Studien zur Wahrnehmung in der Photografie

Bildet der Photoapparat die Welt ab, wie sie wirklich ist? Können wir wirklich Objekte "wirklichkeitsgetreu" fotografieren? Was sehen wir, was nehmen wir wahr. Nehmen wir "Objekte" alle gleichermaßen wahr? Können zwei Photographen ein und dasselbe Bild von einem Objekt anfertigen? Gibt es Objekte an sich, ohne unsere Wahrnehmung? Oder ist die Trennung zwischen Objekt und Photograph, zwischen Objekt und Subjekt nicht sogar beispielhaft für unsere Trennung von der Natur?

Tatsächlich bildet mein Gehirn, im (vermeintlichen) Gegensatz zum Photoapparat, die Umwelt nicht detailgetreu ab. Nur als Wichtig Klassifiziertes errreicht unser Bewußtsein. Diese Einteilung geschieht spontan. Unbewußt imaginieren, interpretieren und phantasieren wir Bildteile auf der Grundlage unserer individuellen Erfahrungen, Vorstellungen etc. Erst beim zweiten bewußten Hinschauen, beim Wahrnehmen dessen w a s wir sehen, können wir uns bewußt machen, was w i e wir sehen.

Der Photoapparat vermittelt uns, entgegen landläufiger Vorstellung, keine Kopie der Welt. Kann er ja schon alleine wegen der Reduktion der Dreimensionallität, gar nicht leisten.

Im Klartext: Wahrnehmung ist nicht Abbildung, sondern Interaktion. Die Welt, in der wir zu leben glauben, ist nicht die reale Welt, sondern ein Produkt unserer Erfahrung und unseres Gedächtnisses und vor allem unserer Vorstellungskraft. Aktuelle Sinnesreize sind nur Anlaß für unser Gehirn, bewährte! Konstrukte aus dem Gedächtnis abzurufen.

Also etwas philosophisch gesprochen, können wir überhaupt keine Gewißheit haben über Struktur oder Existenz einer Welt außerhalb und ohne unser Selbst. vermutlich versuchen wir immer wieder "nur" eine möglichst widerspruchsfreie Interpretation dessen, was wir sehen, zu erreichen.

Um den Fragen der Wahrnehmung nachzuspüren, war die Photographie immer schon ein gutes Medium. Wir können, indem wir dem nachspüren, was wir zu sehen glauben, die uns geläufige, bekannte Sicht auf unsere Welt bewußt machen und damit erweitern.

SECOND INSTANTS versucht in diesem Sinne einen Weg zu veranschaulichen, wie wir einen Blick auf die Grenzen unserer Wahrnehmung erhaschen, oder sie ggf noch erweitern können.